Steffen Kotré 19/1090 – Europa im globalen Handelsraum

Von admin|13. Dezember 2018|kleine Anfragen|0 Kommentare

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bruno Hollnagel, Steffen Kotré,
Enrico Komning, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD
– Drucksache 19/793 –

Europa im globalen Handelsraum

V o r b e m e r k u n g  d e r  F r a g e s t e l l e r

Auf dem World Economic Forum (WEF) in Davos widmete sich die geschäftsführende
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auch dem Thema Globalisierung
und der Bedeutung Europas im globalen Handels- und Wirtschaftsraum.
So erwähnte sie, dass die Eurokrise ein Ausdruck der Globalisierung
sei und dass viele Probleme „mit Blick auf große Länder wie China
und Indien überhaupt nur in einer europäischen Kooperation, in der Europäischen
Union, zu lösen“ seien (www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/
2018/01/2018-01-24-rede-merkel-davos.html).

1. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen Globalisierung
und Eurokrise?

Antwort der Bundesregierung:

Die Globalisierung beeinflusst unser Wirtschaftsleben auf vielschichtige Weise.
Sie trägt zur Mehrung von Wohlstand bei, bedeutet aber auch eine Herausforderung.
Aus Sicht der Bundesregierung sind sowohl die Europäische Union als auch
der Euro als die gemeinsame Währung zentrale Instrumente, um die Kräfte der
Globalisierung bestmöglich zu beeinflussen und zu nutzen.
Die Eurokrise in Form einer Staatsschuldenkrise hatte vielfältige Gründe. Die
Globalisierung zur Ursache der Krise zu erklären, würde der damaligen Entwicklung
nicht gerecht. Letztendlich wurde die Krise durch gemeinsame Bemühungen
der Mitgliedstaaten der Europäischen Union überwunden.

2. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen der globalen
Finanzkrise sowie der Lehman-Insolvenz und dem Euro?

Antwort der Bundesregierung:

Der Ursprung der globalen Finanzkrise von 2008 lag in dem überhitzten USHypothekenmarkt
und der zunehmenden Kreditvergabe an Kreditnehmer meist
geringer Bonität (sogenannte Subprime-Kredite) sowie den sich anschließenden
Kreditausfällen. Aufgrund der hohen Refinanzierung durch komplexe struktu-
Drucksache 19/1090 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
rierte Wertpapiere weitete sich die Krise auf die globalen Kredit- und Finanzmärkte
aus und führte zu einer Vertrauenskrise unter den Banken und zu Liquiditätsproblemen
auf dem Interbankenmarkt. Besonders einschneidend war der Vertrauensverlust
nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman
Brothers im September 2008.
In Reaktion auf die globale Finanzkrise hat die Bundesregierung gemeinsam mit
ihren europäischen und internationalen Partnern neue Regularien auf den Weg
gebracht, um das Vertrauen in die Finanzmärkte wieder herzustellen.
Im Weiteren wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 verwiesen.

3. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung einiger Ökonomen (Liikanen-Bericht,
www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/
2012/fa_bj_2012_12_interview_roeseler_liikanen-report.html; www.svengiegold.de/2012/liikanen-bericht-sinnvolle-vorschlage-zur-stabilisierung-desfinanzsystems-und-verbraucherschutz-im-blick/),
der Euro sei angesichts
der langsameren wirtschaftlichen Erholung der Eurozone einer schnellen
Überwindung der globalen Finanzkrise abträglich gewesen?

Antwort der Bundesregierung:

Die Bundesregierung teilt die These nicht, dass die Existenz einer gemeinsamen
Währung in der Eurozone der Erholung nach der Finanzkrise abträglich gewesen
sei. Die Erholung nach der globalen Finanzkrise fiel zwischen den Staaten der
Wirtschafts- und Währungsunion sehr unterschiedlich aus. Griechenland, Irland,
Portugal, Spanien und Zypern gerieten aus zumeist unterschiedlichen Gründen in
finanzielle Schwierigkeiten und waren auf Hilfen angewiesen. Dies wirkte sich
auch auf die Eurozone insgesamt aus.
Im Rahmen der europäischen und internationalen Stabilisierungsprogramme haben
diese Staaten ehrgeizige Reformen unternommen. Bis auf Griechenland haben
alle Staaten ihre Programme mittlerweile abgeschlossen und sind zur Marktfinanzierung
zurückgekehrt. Es ist erkennbar, dass sich diese Reformmaßnahmen
ausgezahlt haben. So gehörten in den letzten Jahren ehemalige Programmländer
zu den Spitzenreitern beim Wachstum in der Eurozone. Auch die Eurozone insgesamt
entwickelt sich gut. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts ist mittlerweile
seit 19 Quartalen positiv und betrug im Jahr 2017 2,4 Prozent. In ihrer aktuellen
Prognose geht die Europäische Kommission auch für die kommenden
Jahre von einer positiven und robusten Entwicklung aus.

4. Wie interpretiert die Bundesregierung das Ende der Lateinischen Münzunion
(www.deutschlandfunk.de/vor-150-jahren-in-paris-wird-die-lateinischemuenzunion.871.de.html?dram:article_id=340546)
– ebenfalls eine zwischenstaatliche
Währungsunion – im Vergleich zum Eurowährungsgebiet
und der mutmaßlichen Ursächlichkeit der Globalisierung für die Eurokrise?

Antwort der Bundesregierung:

Abgesehen vom unterschiedlichen historischen Kontext unterschied sich die Lateinische
Münzunion hinsichtlich ihrer institutionellen Struktur, ihres Integrationsgrads
sowie ihrer Aufgaben deutlich von der Wirtschafts- und Währungsunion
innerhalb der Europäischen Union. Schlüsse für konkrete Entwicklungen
in der Eurozone können daher nicht gezogen werden.
Im Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1090

5. Welche konkreten zu lösenden Probleme sieht die Bundesregierung „mit
Blick auf große Länder […] nur in einer europäischen Kooperation“?
6. Bei welchen Problemen wird nach Kenntnis der Bundesregierung in Bezug
auf große Länder wie China oder Indien eine Zusammenarbeit zur Lösung
dieser Probleme auf nationaler Ebene abgelehnt?

Antwort der Bundesregierung:

Die Fragen 5 und 6 werden im Zusammenhang beantwortet.
Zu den Herausforderungen in China und Indien gehören u. a. Marktzugang,
Rechtssicherheit und der Schutz geistigen Eigentums für deutsche Unternehmen.
Im Rahmen ihrer Zuständigkeit kann die EU durch das politische und wirtschaftliche
Gewicht des Zusammenschlusses der Mitgliedstaaten solchen Interessen regelmäßig
deutlich mehr Gewicht verleihen als dies bilateral möglich wäre.

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die nach Ansicht der Fragesteller bestehende
Gefahr, dass die EU mit ihrem Multi-Track-Problem schwerfällig
sein und nur eingeschränkt für die Mitgliedstaaten agieren könnte und damit
als Verhandlungspartner unattraktiv würde (der Bundesminister des Auswärtigen
Sigmar Gabriel thematisierte das Multi-Track-Problem der EU in
seiner Grußadresse zu der Veranstaltung „Shaping our Future“, www.
bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2018/01/02-2-bmaa-konferenz.
html)?

Antwort der Bundesregierung:

Nach Auffassung der Bundesregierung besitzt das Modell der EU eine hohe Attraktivität.
Die EU ist ein international gefragter Partner. Dies wird nicht nur
durch das Interesse zahlreicher Staaten an einem Beitritt zur EU belegt, sondern
auch durch das fortbestehende Interesse zahlreicher Staaten, mit der EU Vertragsbeziehungen
– zum Beispiel im Bereich des Handels – einzugehen. Dazu trägt
das gemeinsam in der Erklärung von Rom vom 25. März 2017 vereinbarte und
somit auch von der Bundesregierung unterstützte Bekenntnis der Mitgliedstaaten
bei, wonach die Europäische Union das beste Mittel ist, um die gemeinsamen
Ziele zu erreichen. Die Mitgliedstaaten haben in dieser Erklärung bekräftigt, dass
sie gemeinsam – wenn nötig mit unterschiedlicher Gangart und Intensität – handeln
werden, während sie sich in dieselbe Richtung bewegen, so wie sie es schon
in der Vergangenheit getan haben. Allen Mitgliedstaaten, die sich erst später anschließen
möchten, wird dabei die Tür offen stehen.