Steffen Kotré – Deindustrialisierung Deutschlands stoppen – Ausstieg aus dem Kohleausstieg
der Abgeordneten Steffen Kotré, Tino Chrupalla, Enrico Komning, Hansjörg Müller, Leif-Erik Holm, Dr. Heiko Heßenkemper, Dr. Bernd Baumann, Peter Boehringer, Stephan Brandner, Jürgen Braun, Marcus Bühl, Matthias Büttner, Joana Cotar, Siegbert Droese, Dr. Michael Espendiller, Peter Felser, Dietmar Friedhoff, Markus Frohnmaier, Albrecht Glaser, Franziska Gminder, Wilhelm von Gottberg, Armin-Paulus Hampel, Verena Hartmann, Dr. Roland Hartwig, Martin Hebner, Lars Herrmann, Karsten Hilse, Martin Hohmann, Johannes Huber, Jens Kestner, Jörn König, Dr. Rainer Kraft, Jens Maier, Andreas Mrosek, Volker Münz, Christoph Neumann, Ulrich Oehme, Gerold Otten, Tobias Matthias Peterka, Jürgen Pohl, Uwe Schulz, Thomas Seitz, Detlev Spangenberg, Dr. Dirk Spaniel, René Springer, Dr. Harald Weyel, Dr. Christian Wirth und der Fraktion der AfD
Deindustrialisierung Deutschlands stoppen – Ausstieg aus dem Kohleausstieg
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die von der Bundesregierung eingesetzte „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, im Folgenden „Kohlekommission“ genannt, hat in ihrem Abschlussbericht den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2038 empfohlen und entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen. Die Bundeskanzlerin hat bereits angedeutet, dass die Regierung den Vorschlägen folgen und bis Mai 2019 entsprechende Gesetze verabschieden wird (www.tagesschau.de/inland/kohle-ausstieg-109.html). Der Ausstieg aus der Kohleverstromung nötigt Verbraucher zu jährlichen Mehrkosten in Milliardenhöhe, mindert die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und gefährdet die Versorgungssicherheit erheblich. Die Kohlereviere sind durch die geplanten Maßnahmen von tiefgreifenden Strukturbrüchen bedroht, die betroffenen Arbeitnehmer angesichts der ungewissen Zukunft zurecht verunsichert. Diese schwerwiegenden Nachteile werden von der Regierung leichtfertig in Kauf genommen, um einen vermeintlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Tatsächlich führen die Mechanismen des Europäischen Emissionshandels jedoch dazu, dass der Kohleausstieg allein nicht zu einer echten Reduzierung der CO2-Emissionen innerhalb der Europäischen Union führt und daher klimapolitisch wirkungslos ist. Die „Kohlekommission“ und Bundesregierung planen eine bewusste Täuschung der Bürger, indem sie die durch den Kohleausstieg steigenden Strompreise über den Bundeshaushalt ausgleichen und damit den Anschein gleichbleibender Preise erwecken wollen. Entsprechende Vorschläge hat die Kommission in ihrem Abschlussbericht
ausgearbeitet. Die Bundesumweltministerin geht in diesem Zusammenhang sogar „keineswegs von steigenden Strompreisen aus“ und folgt damit der Empfehlung der Kommission zur Irreführung der Bürger (www.nrz.de/politik/kohleausstieg-bis-2038umweltministerin-schulze-glaubt-nicht-an-steigende-strompreise-id216303347.html). Ein derartiges Vorgehen ist bewusster Betrug am Steuerzahler. Der von der Bundesregierung angestrebte Kohleausstieg widerspricht bewährten marktwirtschaftlichen Prinzipien und schadet der deutschen Volkswirtschaft damit in erheblichem Ausmaß:
1. Die Energiepolitik der Bundesregierung hat in den letzten Jahren zu stark steigenden Energiepreisen und damit zu einer Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie geführt. Die Unternehmen warnen daher zurecht vor weiter ansteigenden Energiepreisen und einer Gefährdung der Versorgungssicherheit im Rahmen eines politisch erzwungenen Ausstiegs aus der Kohleverstromung. Auch private Verbraucher sind durch die hohen Strompreise unverhältnismäßig stark belastet.
2. Es ist offensichtlich, dass aus volkswirtschaftlicher Sicht deutlich kosteneffizientere politische Instrumente zur CO2-Vermeidung vorhanden sind und die Bundesregierung diese bewusst nicht wirken lassen will. Der Europäische Emissionshandel würde es beispielsweise erlauben, Zertifikate zu kaufen, diese stillzulegen und damit dem Markt dauerhaft zu entziehen. Dies würde eine nachhaltige Reduzierung der Emissionen innerhalb der EU bewirken und im Vergleich zu einem politisch erzwungenen Kohleausstieg erheblich geringere Kosten verursachen.
3. Die Betriebsgenehmigungen der deutschen Braunkohletagebaue laufen auch ohne gesetzlich verordneten Kohleausstieg spätestens Mitte der 2040er Jahre aus. Die Festschreibung des Jahres 2038 als Ende der Kohleverstromung würde damit lediglich eine Vorverlegung des Ausstiegsdatums um wenige Jahre bedeuten. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Betreiber von Kohlekraftwerken in den letzten Jahren vermehrt die Stilllegung ihrer Anlagen bei der Bundesnetzagentur angezeigt haben. Die marktverzerrende Wirkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und die steigenden CO2-Preise führen aktuell dazu, dass Kohlekraftwerke häufig nicht wirtschaftlich zu betreiben sind. Der Kohleausstieg ist demnach längst in vollem Gange und jeder politische Eingriff damit überflüssig.
4. Die für die Systemstabilität verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber gehen für das Jahr 2021 von einer negativen verbleibenden Leistung in Höhe von -5,5 GW aus. Die zusätzliche Zwangsstilllegung von Kohleblöcken wird diese Problematik weiter verschärfen und Deutschland abhängig von ausländischen Koh- le-, Gas- oder Kernkraftwerken machen. Darüber hinaus wird die Abhängigkeit von Energieimporten stark erhöht, weil mit der Beendigung der Braunkohleförderung der wichtigste heimische Energieträger zukünftig ungenutzt bleiben soll.
5. Es ist illusorisch, dass die vom Kohleausstieg betroffenen Reviere mit planwirtschaftlichen Maßnahmen einen erfolgreichen Strukturwandel umsetzen werden können. Vielmehr ist zu befürchten, dass die Unternehmen Mitarbeiter entlassen oder vorzeitig in den Ruhestand schicken müssen und ganze Regionen schweren wirtschaftlichen Schaden nehmen. Die vollkommen unrealistische Ankündigung der Regierung, neue und attraktive Arbeitsplätze „per Gesetz“ zu schaffen, widerspricht jeder marktwirtschaftlichen Logik und ist bereits heute zum Scheitern verurteilt. Darüber hinaus ist durch die Zweckentfremdung von staatlichen Fördermitteln mit einer Benachteiligung anderer strukturschwacher Regionen zu rechnen, was dem Ziel der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland zuwiderläuft.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. den Vorschlägen der „Kohlekommission“ nicht zu folgen und damit
2. Arbeitsplätze in den Kohlerevieren in ihrer ursprünglichen Güte hinsichtlich Tätigkeit, Gehalt und Planungssicherheit zu erhalten,
3. keine weiteren planwirtschaftlichen Eingriffe in den Energiemarkt vorzunehmen, sondern stattdessen die Marktmechanismen des Europäischen Emissionshandels gezielt zu nutzen,
4. eine gerechte Verteilung von Fördermitteln auf strukturschwache Regionen auch ohne Kohleausstieg sicherzustellen,
5. eine fundierte, transparente Bewertung alternativer CO2-Vermeidungsstrategien hinsichtlich Vermeidungskosten und technischer Umsetzbarkeit vorzunehmen,
6. wirtschaftlichen Schaden durch direkte oder indirekte Strompreissteigerungen von Verbrauchern und Unternehmen abzuwenden,
7. Gefährdungen der Bevölkerung durch Stromausfälle zu verhindern und dazu die zuständigen und verantwortlichen Stellen (EVU, ÜNB, BNetzA) in die Versorgungssicherheit betreffende Entscheidungen einzubinden,
8. zukünftige Abhängigkeiten von ausländischen Kraftwerken zu vermeiden und dazu ausreichend gesicherte Leistung im Inland sicherzustellen,
9. die Verbraucher ehrlich und transparent über die direkten und indirekten Kosten von geplanten Maßnahmen zu informieren,
10. in ihren energiepolitischen Entscheidungen zu berücksichtigen, dass der Kohleausstieg de facto längst eingeleitet wurde sowie
11. nationale Alleingänge mit dem Ziel der CO2-Reduzierung aufgrund der nachweislichen Wirkungslosigkeit zu unterlassen.
Berlin, den 7. Februar 2019
Dr. Alice Weidel, Dr. Alexander Gauland und Fraktion
Begründung
Die Bundesregierung plant den Ausstieg aus der Verstromung von Stein- und Braunkohle in Deutschland mit dem Ziel, die nationalen Kohlendioxidemissionen zu reduzieren. Der Bundeswirtschaftsminister betonte in der Sitzung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie am 30. Januar 2019, dass der Europäische Emissionshandel seit seiner letzten Reform ein funktionierendes Instrument zur Reduzierung von CO2-Emissionen in der EU sei. Damit wird deutlich, dass die Marktmechanismen greifen und CO2 dort eingespart wird, wo die Vermeidung die geringsten Kosten verursacht. Der Kohleausstieg ist demgegenüber ein planwirtschaftlicher Eingriff in ein funktionierendes, marktwirtschaftliches System und führt zu unnötigen Mehrkosten in Höhe von rund 100 Milliarden Euro, die letztendlich von Verbrauchern und Unternehmen getragen werden müssen. Rund 72.000 Arbeitsplätze sind potenziell gefährdet. (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/iw-studie-rascher-kohleausstieg-soll-72000-arbeitsplaetze-gefaehrden/23214910.html?ticket=ST-1514119-hv3sapiJyYilQxuhZbAd-ap6). Unternehmen und Verbraucher leiden zunehmend unter den steigenden Strompreisen. Vertreter der gesamten deutschen Wirtschaft warnen in einer gemeinsam veröffentlichten Studie vor den schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen eines erzwungenen Kohleausstiegs (//bdi.eu/publikation/news/auswirkungen-der-schliessung-von-kohlekraftwerken-auf-den-deutschen-strommarkt/).
Besonders die energieintensive Industrie ist durch die Entwicklung der Energiepreise in ihrer Wettbewerbsfähigkeit geschwächt und warnt eindringlich vor weiter steigenden Strompreisen durch den Ausstieg aus der Kohle (www.energieintensive.de/positionen.html). Die „Kohlekommission“ selbst kommt in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass die Nettoanlageinvestitionen der energieintensiven Industrie in Deutschland in den letzten Jahren stark negativ war und diese Deindustrialisierung durch den Kohleausstieg voraussichtlich noch beschleunigt würde. Die von „Kohlekommission“ und Bundesregierung versprochene „Klimaschutzwirkung“ des Kohleausstiegs ist angesichts der Zahlen und Fakten nicht nachvollziehbar. Selbst unter der Annahme, dass sämtliche im Rahmen des Kohleausstiegs freiwerdenden Emissionsrechte stillgelegt werden, wäre damit lediglich eine Einsparung von ca. 0,1 % des verbleibenden CO2-Budgets zur Einhaltung des „2 Grad-Ziels“ möglich (www.ewi.research-scenarios.de/cms/wp-content/uploads/2016/05/ewi_ers_oekonomische_effekte_deutscher_kohleausstieg.pdf). Es ist damit offensichtlich, dass der deutsche Kohleausstieg global betrachtet keinen Unterschied bewirkt und die deutschen Bemühungen um eine vermeintliche Rettung des Weltklimas geradezu lächerlich anmuten, wenn sich gleichzeitig weltweit rund 1.400 neue Kohlekraftwerke in Planung oder Bau befinden (www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energiepolitik-deutschland-treibt-den-ausstieg-voran-doch-weltweit-boomt-diekohle/23141178.html?ticket=ST-1411539-DrAcfCCcW4PUS37ggudu-ap6). Darüber hinaus haben weder „Kohlekommission“ noch Bundesregierung alternative CO2-Vermeidungsstrategien vorgelegt und damit auch keinen Vergleich von CO2-Vermeidungskosten unternommen. Dies wäre in Hinblick auf die Pflicht zur Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im Umgang mit dem Bundeshaushalt erforderlich gewesen, um den günstigsten Weg der Vermeidung zu realisieren. War Deutschland vor dem Ausstieg aus der Kernenergie mit dem damals noch leistungsfähigen Kraftwerkpark ein Garant für die Stabilität im europäischen Verbundnetz, so hat es sich durch die kontinuierliche Abschaltung von gesicherter Leistung und die unkontrollierte Einspeisung aus volatilen erneuerbaren Energien zu einem Gefährdungsfaktor für das Stromnetz entwickelt. Nicht ohne Grund haben sich die angrenzenden Staaten mittlerweile durch technische Maßnahmen vor den unerwünschten Stromflüssen aus Deutschland geschützt (www.energieverbraucherportal.de/news/stromueberfluss-nachbarlaender). Der Kohleausstieg wird, analog zu den Folgen des Kernenergieausstiegs, dazu führen, dass Strom aus ausländischen Kohle-, Gas- oder Kernkraftwerken zugekauft werden muss und damit lediglich eine Verschiebung von Emissionen bzw. Risiken stattfindet. (www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/Versorgungssicherheit/Berichte_Fallanalysen/Bericht_4.pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D1). Der Vorschlag der „Kohlekommission“, die durch den Kohleausstieg wegfallende Leistung durch den Bau von Gaskraftwerken zu ersetzen, ist unrealistisch. Die marktverzerrende Wirkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes führt aktuell dazu, dass bereits bestehende Gaskraftwerke aufgrund zu geringer Betriebsstunden nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Zahlreiche durch Kraftwerksbetreiber beantragte Stilllegungen teilweise neuer Anlagen weisen eindeutig darauf hin. Es ist daher nicht nachvollziehbar, woher für Betreiber zukünftig die Anreize zum Bau neuer Gaskraftwerke kommen sollen. Hinzu kommt, dass die „Kohlekommission“ selbst von einem Zeitraum von vier bis sieben Jahren für Planung und Bau neuer Anlagen ausgeht. Entsprechende Maßnahmen hätten demgemäß längst erfolgen müssen. Der Kohleausstieg wird daher unvermeidlich zu einer signifikanten Unterdeckung der gesicherten Leistung führen. Stein- und Braunkohlekraftwerke leisten derzeit zuverlässig einen Beitrag von rund 38 % zur deutschen Nettostromerzeugung. Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass instabile erneuerbare Energien kein technisch gleichwertiger Ersatz für eine grundlastfähige Stromerzeugung sind. Auch Stromspeicher sind angesichts der enormen Energiemengen, die zur Überbrückung längerer „Dunkelflauten“ erforderlich sind und der damit verbundenen untragbaren Kosten keine tragfähige Lösung für die Energiewende. Übertragungsnetzbetreiber, Deutsche Energie-Agentur und BDEW legen in ihren Stellungnahmen eindeutig dar, dass weitere ersatzlose Stilllegungen von grundlastfähigen Kraftwerken eine nicht zu rechtfertigende Gefährdung der Versorgungssicherheit in Deutschland bedeuten und zu einer Abhängigkeit von ausländischen fossilen und nuklearen Kraftwerken führen (www.bdew.de/presse/presseinformationen/stefan-kapferer-zum-abschaltplan-des-bund/, www.netztransparenz.de/portals/1/Content/Ver%C3%B6ffentlichungen/Bericht_zur_Leistungsbilanz_2017.pdf, www.pfbach.dk/firma_pfb/dena_endbericht_integration_ee_2012.pdf).
Diese Entwicklung ist aus technischer Sicht gefährlich, aus volkswirtschaftlicher Sicht irrsinnig und widerspricht jedem gesunden Menschenverstand. Die ideologiegetriebene Symbolpolitik der Bundesregierung ist das Gegenteil eines verantwortungsvollen Umgangs mit den betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmern, den Verbrauchern sowie den Steuergeldern des Bundeshaushalts. Es sei der Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Frage nahegelegt, woher die Steuermittel des Bundeshaushalts eigentlich stammen und wer damit im Endeffekt die Kosten für den vorzeitigen Kohleausstieg tragen muss. Eine derart verantwortungslose Politik ist vollumfänglich abzulehnen. Die Antragsteller weisen abschließend darauf hin, dass in Ausschuss- und Plenarsitzungen neben Abgeordneten der AfD auch Vertreter der CDU/CSU und FDP den Kohleausstieg zutreffend als teure, gefährliche und im Endeffekt wirkungslose planwirtschaftliche Maßnahme beschrieben haben. Wir legen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang dringend nahe, die Empfehlungen der „Kohlekommission“ kritisch zu überdenken.